Tag 185-188
In 15 Stunden nach Indien
Gut zwei Monate, nachdem wir Vietnam etwas hektisch verlassen und nach Berlin zurückkehren mussten, geht die Reise nun weiter, diesmal allerdings für mich allein. Sarah geht es zwar wieder gut, sie steht aber noch unter ärztlicher Aufsicht und ist auch wieder voll in ihre Arbeit an der Uni eingebunden.
Da der Reisehunger bei mir noch ausgeprägt ist, hatte ich mich daher entschlossen, die Reise allein fortzusetzen.
Der Aeroflot-Flieger hob am Freitag, den 13. Juni in der Früh in Schönefeld ab und nach etwa 10-stündigen Flug plus einem langweiligen 5-stündigen Zwischenhalt in Moskau landete ich um 3 Uhr nachts Ortszeit auf dem Indira Gandhi Flughafen. Die Einreise und Gepäckausgabe verlief reibungslos und recht zügig. Aufgrund der Uhrzeit hatte ich bereits im Voraus ein Shuttle bestellt, das mich zu meiner Unterkunft in Neu Delhi bringen sollte. Es wartete auch tatsächlich ein junger Mann mit meinem Namen auf einem Schild.
Die Hitze war trotz nächtlicher Uhrzeit beträchtlich und dank der tropisch feuchten Luft war ich bis zur Ankunft am Auto bereits durchgeschwitzt. Nach einer zügigen Fahrt lief ich dem Fahrer noch durch ein paar verwinkelte, kleine Gassen zwischen bereits schwer arbeitenden Menschen hinterher und war froh, schließlich in dem kleinen aber klimatisierten Zimmer angekommen zu sein und noch ein paar wenige Stunden Schlaf zu bekommen.
Neu Delhi: zwischen Schleppern und Lügnern
Eine kurze Nacht später begab ich mich zum Frühstück auf die Dachterrasse, wo strömender Regen durch etliche Löcher der dürftigen Überdachung drang. Ich lernte Yves kennen, der, wie sich herausstellte, ähnliche Reisepläne hatte wie ich. Wir verabredeten uns schon mal locker, einen Teil der Reise zusammen zu unternehmen.
Zunächst wollte ich aber Neu Delhi erkunden. Der kurze Regenschauer hatte bald nachgelassen und wich strahlendem Sonnenschein und sengender Hitze. Im Vergleich zu den vorherigen Tagen waren die Temperaturen mit 41°C zwar etwas gesunken, aber es war immer noch heiß genug. Auf der Straße wurde ich sofort von zahlreichen Menschen angesprochen, die mir etwas verkaufen oder mich irgendwo hin kutschieren wollten. Ich wollte zunächst zu einem Touristenbüro, um mir eine vernünftige Karte von Neu Delhi geben zu lassen und ließ mich von einem Jungen zu einem Laden bringen, wo ein Schild mit der Aufschrift „Government Tourist Office“ drüber hing. In Wirklichkeit war es natürlich eine private Reiseagentur, wo man ziemlich aggressiv versuchte, mir irgendwelche Touren zu verkaufen, aber keine Informationen gab. Also wieder raus da und rein in eine Motor-Rikscha. Mir war zwar klar, dass der Fahrer wie eigentlich alle Rikscha-Fahrer ein Schlepper war, der zudem noch überhöhte Fahrpreise verlangen würde, aber es war bequemer, als sich in einen überfüllten Bus zu drängen oder ewig an einem Ticketschalter der Metro zu warten. Tatsächlich wollte mich der freundliche Herr auch direkt zu einem Kleidungsgeschäft fahren, wo es traditionelle, indische Gewänder gab (liegt doch auf dem Weg). Ich ließ mich überreden, sie mir wenigstens anzusehen und sie gefielen mir auch wirklich gut. Im Endeffekt kaufte ich zwei traditionelle Punjabi-Dresses, handelte den Preis in einer längeren Prozedur um die Hälfte herunter und bezahlte für indische Verhältnisse vermutlich immer noch viel zu viel.
Anschließend brachte mich der Rikscha-Fahrer zu vermeintlich dem Touristenbüro, das ich ihm im Reiseführer gezeigt hatte. Dort fing das gleiche Spiel von vorne an. Man versprach mir Informationen (Karten etc.), fragte nach den Reiseplänen, aber wollte mir letztlich doch nur wieder Tour-Pakete andrehen. Ich hatte langsam keine Lust mehr und beauftragte den Fahrer, mich wieder zurück zum Gästehaus zu bringen. Stattdessen fuhren wir auf einmal einen Umweg, weil er mir noch ganz tolle Tempel zeigen wollte. Ich war inzwischen sehr genervt und immer noch müde und verlangte, jegliche Ausflüge zu unterlassen. Beim Gästehaus angekommen, nannte er mir erwartungsgemäß einen absurden Fahrpreis. Ich war nicht bereit, ihm mehr als ein Drittel davon zu geben, was ihn verärgerte, aber immer noch genug war.
Zum Abschluss des Tages aß ich indisches Curry in einem der zahlreichen Restaurants und buchte anschließend noch eine Bus-Tour nach Agra für den folgenden Tag, um Fort Agra und das Taj Mahal zu besichtigen.
Als Fazit des ersten Tages musste ich feststellen, dass wie in keinem anderen Land bisher auf sehr aufdringliche Weise versucht wird, einem das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Preise sind grundsätzlich alle überhöht und auch die seriöseren Touristenbüros wollen in erster Linie verkaufen.
Agra: ein 20 stündiger Tagesausflug
Am Sonntag trat ich bereits um 6:00 die lange Fahrt im klimatisierten Bus nach Agra an. Ich wurde an der Rezeption abgeholt und nach einem Marsch durch endlose kleine Gassen gelangten mein Begleiter und ich schließlich an einer größeren Straße an, wo wir noch kurz auf den Bus warten mussten. Bis auf drei Tschechen waren die anderen Fahrgäste alle Inder. Die vierstündige Fahrt beinhaltete eine Frühstückspause, wo ich das typisch nordindische Frühstück „Potato Paratha“ probieren konnte, ein leckeres mit Kortoffelstücken gefülltes Brot, serviert mit einem etwas scharfen Zitronen-Dip.
Die Tour umfasste die Fahrt zum Roten Fort, eine Mogul-Festung aus dem 16. Jahrhundert, einen Zwischenstopp bei einem Laden, der das „Baby Taj Mahal“ ausstellt und entsprechende Miniaturen verkauft (Verkaufsveranstaltung), sowie die Fahrt zu dem echten berühmten Mausoleum. Aufgrund der enormen Hitze war die Besichtigung der eindrucksvollen Bauwerke etwas getrübt. Als deutlich anstrengender erwies sich jedoch die Tatsache, dass die Tour nach der Besichtigung des Taj Mahals keineswegs vorbei war. Nachdem sich die Rückfahrt durch verspätete Passagiere ohnehin schon verzögert hatte, besichtigten wir bis in die Nacht noch Krishna-Tempel, standen Ewigkeiten im Stau und machten Pause zum Abendessen. Außer den Tschechen und mir war allerdings niemand überrascht, dass die Tour auch diese Punkte umfasste. Als ich wieder vor meinem Gästehaus stand war es 2:00 nachts.
Abschied von Neu Delhi und Fahrt nach Amritsar
Nach einer weiteren kurzen Nacht verbrachte ich am Montag recht viel Zeit im klimatisierten Zimmer. Ich hatte versucht, mir etwas mehr von Neu Delhi anzuschauen, aber die große Hitze war einfach zu anstrengend. Ich hatte mir für den Dienstag ein Zugticket nach Amritsar besorgt, hatte aber keinen Platz mehr in einem klimatisierten Waggon bekommen, so dass vor der achtstündigen Fahrt etwas Ruhe sicher nicht schlecht war.
Am Dienstag checkte ich ich gegen Mittag aus und lief zum nahe gelegenen Hauptbahnhof. Natürlich sprachen mich gleich wieder jede Menge Leute an, die mir weismachen wollten, mein Zug hätte 7 Stunden Verspätung und ich solle das Ticket lieber umbuchen lassen – tatsächlich lief er aber fast pünktlich ein und nach einer unbequemen aber erträglichen und auch interessanten Fahrt erreichte ich am späten Abend Amritsar.
Was für eine Freude, von dir zu hören und die eindrucksvollen Bilder zu sehen! Das sind ja abenteuerliche Erlebnisse! Das Punjabi-Gewand steht dir sehr gut, wie ein Einheimischer siehst du darin aus! Viel Glück weiterhin und alles Gute auf deinem Reiseweg.
Wir sind schon gespannt auf die kommenden Berichte.