Tag 29-34
Ankunft und War Memorial & Museum
Am Freitagabend des 1. Novembers lief der Mugunghwa mit uns in Seoul Station ein, einer der zentralen Bahnhöfe in Seoul. Nach den etwas ruhigeren Tagen in Daegu empfing uns wieder einmal die geballte Lebendigkeit einer Großstadt. Da wir Korea in weniger Stationen als Japan bereisen, haben wir für Seoul und Umgebung 10 Tage zur Verfügung und können die Tagesplanungen etwas entspannter gestalten.
Entsprechend erkundeten wir am Samstag gemütlich die Umgebung unseres Hostels und entschieden uns am Abend Ddeogbogki und Odeng zu probieren, das insbesondere unter koreanischen Jugendlichen sehr verbreitete Streetfood. Ddeongbogki sind Reiskuchen (nicht süß) in einer sehr scharfen Sauce, die auch manchem Scharfesser Tränen des Schmerzes in die Augen treiben. Dennoch sehr lecker. Odeng sind Fischkuchen, nicht scharf und etwas weniger lecker. Wir kamen mit Leuten an unserem Nachbartisch ins Gespräch und lernten so auch Youngho Lee kennen, der zufälligerweise ein Couchsurfing Host ist. Es dauerte nicht lang und er bot an, vom 8.11-10.11. unser Gastgeber zu sein. Eine glückliche Entwicklung.
Unser Ziel am Sonntag war das War Memorial und Museum in Itaewon, das den Korea-Krieg mit viel Hintergrundinformationen dokumentiert und mittels Einsatz von viel High-Tech Kriegsschauplätze und Kriegssituationen darstellt und simuliert. In einem großen Außenbereich sind militärische Ausrüstung, Waffen und Kriegsgeräte ausgestellt. Weiterhin bietet der Außenbereich eine „Wedding Hall“, wo Hochzeiten gefeiert werden können. Am Tag unseres Besuches fand eine solche gerade statt.
Das Museum selbst ist sehr gut mit moderner Technik ausgestattet und kostet keinen Eintritt, vermittelt aber zuweilen eine fragwürdige Botschaft. Eine etwas einseitige Beleuchtung des Krieges, viel Kriegshelden-Verehrung, Kriegssituationen werden aus militärisch taktischer Sicht erläutert und zum Teil detailliert simuliert (es besteht auch das Angebot, in einer simulierten Umgebung Waffen abzufeuern). Nach unserem Geschmack wird damit die Kriegssituation an sich etwas verharmlost und zu subjektiv und unkritisch dargestellt, was wir uns im Rahmen dieses Museums anders vorgestellt hätten.
Gyeongbokgung Palast und Einzug in die Villa
Am Montag, den 4. November besuchten wir den Gyeongbokgung Palast, der in einem sehr schönen Garten mit vielen weiteren Gebäuden gelegen ist. Der Palast war im Laufe der Geschichte vielen Angriffen ausgesetzt und wurde oft zerstört und wieder neu aufgebaut. Ein Großteil des Palastkomplexes wurde erst vor wenigen Jahren rekonstruiert und erneuert.
Durch das schöne Wetter und die herbstlichen Farben konnten wir tolle Bilder machen.
Nachdem wir noch etwas in Insa-dong spazieren waren, einer Straße, in der traditionelle koreanische Gegenstände und Kunst verkauft werden, begaben wir uns nach Itaewon, wo wir mit unserem Couchsurfing-Gastgeber Alain verabredet waren. Er tauchte auch bald auf und brachte uns mit seinem Wagen durch verwinkelte Straßen zur Primavera Villa, seinem Zuhause. Eigenes Zimmer, großer Wohnbereich und eine geräumige Küche mit allen wünschenswerten Gerätschaften und einem riesigen Kühlschrank, vollgestopft (im wörtlichen SInne) mit Lebensmitteln zur freien Verwendung.
Alain stammt aus New York und ist in Seoul stationiert (er dient bei der U.S. Army). Er hat eine deutsche Frau und zwei Kinder, die aber zum Zeitpunkt unserer Anwesenheit alle in den Staaten waren. Wir konnten deshalb im Kinderzimmer seiner Tochter wohnen. Eine andere Couchsurferin aus Frankreich war auch schon da – sie bewohnte das Zimmer seines Sohnes. Am Abend schauten wir den indonesischen Film „The Raid: Redemption“ auf Alains riesigem Flachbild-TV. Film- und Musikpiraterie wird in Korea praktisch nicht verfolgt und so kann er sein Abendprogramm stets aus einem umfassenden Fundus aktueller Spielfilme und Serien zusammenstellen, die tagsüber seine langen Downloadlisten füllen. An beiden Abenden beglückte er uns jeweils mit dem Material seiner Filme-Jukebox.
Han Fluss und noch mehr Komfort-Couchsurfing
Am Dienstag wollten wir mit dem Rad am Han Fluss entlang fahren. Nach einem Marsch von ca. einer Stunde fanden wir auch endlich einen Fahrradverleih. Leider ist der Han Fluss innerhalb des Stadtgebietes von Schnellstraßen umsäumt, so dass das Geräusch fahrender Autos uns mit einer recht hohen Grundlautstärke immer begleitete. Mit dem Wetter und somit auch der Aussicht hatten wir aber Glück.
Mittwoch, der 6. November war ein regnerischer und ungemütlicher Tag. Wir blieben den Vormittag in der gemütlichen Villa und suchten am frühen Mittag den einzigen deutschen Bäcker in Seoul auf, den uns Alain empfohlen hatte. Er war fußläufig in ca. einer halben Stunde erreichbar und wir gönnten uns belegte, knusprige Brötchen, ohne Butter und Zucker gebacken – eben so wie es ein vernünftiger deutscher Bäcker macht.
Am Nachmittag schnappten wir uns unsere Rucksäcke und verließen leicht wehmütig unsere komfortable Bleibe. Inzwischen war noch eine Couchsurferin aus Frankreich eingetroffen – weitere vier erwartete Alain am Abend. Länger zu bleiben war deshalb ausgeschlossen. Wir stellten aber schnell fest, dass das überhaupt nicht schlimm war.
Am frühen Abend trafen wir TH, unseren Gastgeber für die nächsten zwei Nächte. Auch er holte uns mit dem Auto ab. Er hatte gerade Feierabend gemacht und da wir alle noch nicht zu Abend gegessen hatten, setzten wir uns zusammen in ein Restaurant, wo TH typisch koreanisches Essen bestellte, koreanisches Bier und koreanischen Reisschnaps (Soju). Er selbst aß und trank nur wenig, aber für uns bestellte er immer mehr Köstlichkeiten bis wir erschöpft aufgaben. Es kam, wie es kommen musste – er ließ sich nicht davon abbringen, die wirklich teure Rechnung allein zu übernehmen. Er sagte nur „this is my job“ – „dafür bin ich verantwortlich“. Diese großherzige Gastfreundschaft kombiniert mit seiner freundlichen Art machte uns verlegen und wir fühlten uns etwas unwohl.
TH fuhr uns zu seinem Haus: hell und geräumig, ruhig gelegen und hinten heraus ein fantastischer Ausblick auf die Berge. Wir waren von einem Traumhaus ins nächste gezogen.
TH lebt zusammen mit seinen zwei Töchtern, von denen zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes aber nur eine anwesend war (wir bekamen das Zimmer der anderen). Wir saßen noch kurz alle zusammen auf dem Boden und unterhielten uns über kulturelle Eigenheiten, Motive des Couchsurfings, eigene Wünsche und Pläne.
Dann gingen wir zeitig zu Bett, da am nächsten Tag unser Besuch in die DMZ (demilitarisierte Zone) anstand: das Grenzgebiet zwischen Nordkorea und Südkorea, wo sich Soldaten beider Staaten kampfbereit in Blickkontakt-Reichweite gegenüberstehen.
Danke für die ausführliche Schilderung und die zahlreichen schönen Fotos.
Diese Vielfalt an Erlebnissen und Eindrücken! Und so viel Glück beim Couchsurfen!
Das Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkorea kann von Touristen bereist werden??
Sehr spannend! Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht und wünsche euch alles Gute.